Cut Before Use, 2012
Emese Benczúr schloss 1996 ihr Studium an der ungarischen Hochschule für Bildende Künste ab. Als Vertreterin der Künstlergeneration der 90er Jahre erhielt sie 2001 den Klára-Herczeg-Preis und 2006 den Munkácsy-Preis.
Benczúr stellt regelmäßig bei Einzel- und Gruppenausstellungen sowohl in Ungarn als auch im Ausland aus. Ihre Werke wurden bei prestigeträchtigen internationalen Veranstaltungen wie der Manifesta, der Biennale von Venedig, BOZAR in Brüssel oder der Biennale von Liverpool gezeigt. Ihre Werke sind in bedeutenden Sammlungen vertreten, unter anderem im MUSAC (Museo de Arte Contemporáneo de Castilla y León) oder in der Sammlung Ludwig.
Benczúrs Kunstwerke zeichnen sich durch eine weibliche Perspektive und einen Sinn für Humor aus. Sie eignet sich die Elemente und Materialien der Popkultur für ihre Installationen an, deren Konzepte aktuelle gesellschaftliche Themen reflektieren. Wiederholung ist ein zentrales Motiv in ihren Arbeiten. In der Regel schafft sie ihre Werke durch einen monotonen, mühsamen Prozess – z.B. das Anhäufen ihrer Elemente durch endloses Nähen oder Sammeln – und erinnert so an die Hausarbeit, die Frauen in mehreren ihrer Kunstwerke zu Hause verrichten.
Ihre Arbeit „Cut Before Use“ lenkt die Aufmerksamkeit auf Probleme der Modeindustrie. Einer der Hauptpfeiler der Konsumgesellschaft ist die Mode: Millionen von Frauen passen ihr Aussehen an die sich jede Saison ändernden Trends an, was der Industrie ein enormes Einkommen sichert. Diesen schnelllebigen Markt mit billigen Produktions- und Arbeitskosten zu versorgen ist nur um den Preis einer enormen Umweltverschmutzung und unmenschlicher Arbeitsbedingungen möglich, wobei vor allem Rohstoffquellen und Arbeitskräfte aus Entwicklungsländern genutzt werden.
Der Slogan „Cut Before Use“ (vor dem Gebrauch abschneiden) erinnert an den Moment der Entfernung der Etiketten mit Angaben über Material und Waschanweisungen – Benczúrs Material für ihre vorhangartigen Kunstwerke – vor dem Ersten gebrauchen von neuen Kleidungsstücken. Mehrsprachige Etikettierung erfordert zahlreiche eingenähte Schilder, die nach ihrer Entfernung aus der Kleidung einen beträchtlichen Stapel bilden. Auf diese Weise werden – nach Benczúrs Interpretation – neu gekaufte Modeartikel zum Sinnbild des Überkonsums und des ihn manipulierenden globalen Marktes. Die vorhangartige Anordnung ihrer Kunstwerke erinnert an Umkleidekabinen und Laufstege von Modenschauen und schafft damit auch eine psychologische Lesart von Problemen der Selbst- und Körperwahrnehmung.
Im Kontext der Ausstellung plädiert das Kunstwerk für bewussten Konsum, freiwillige Einfachheit und Minimalismus, da sich diese Ansätze dem durch Werbung erzeugten kontinuierlichen Konsum widersetzen – und damit die Umweltbelastung verringern.
Krisztina Üveges