Das Anthropozän, oder „das Zeitalter des Menschen“, beschreibt den Vorschlag einer neuen geologischen Epoche, die den Zeitraum markiert ab dem die menschliche Zivilisation einen irreversiblen und tiefgreifenden Einfluss auf die Ökosysteme der Erde hat. Der Beginn des Anthropozäns wird am häufigsten mit dem Beginn der industriellen Revolution in Verbindung gebracht. Einige Wissenschaftler leiten ihn von der Erfindung der Dampfmaschine ab, während andere den Beginn dieser neuen Ära aus dem Aufstieg der auf der Landwirtschaft basierenden Zivilisationen ableiten. Auch die Nuklearexperimente während des Zweiten Weltkriegs und die erste Kernexplosion (Trinity-Test 1945) markierten einen bedeutenden Einschlag in der Entwicklung des Menschen zu einem geologischen Faktor. Der Begriff Anthropozän wurde vom Ökologen Eugene F. Stoermer in den 1980er Jahren geprägt und fand breite Zustimmung, als der Nobelpreisträger für Atmosphärenchemie, Paul Crutzen, Anfang der 2000er Jahre seinen Artikel „Die Geologie der Menschheit (2002)“ veröffentlichte. Der Begriff des Anthropozän hat sich auch in den Humanwissenschaften weiterreichend etabliert, aber die offizielle Verwendung des Begriffs im Bereich der Erdsystemwissenschaften hat sich noch nicht durchgesetzt. (Mehr zur Kritik des Anthropozän-Narrativs -> Kapitalozän)
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Cheap nature (billige Natur)
Die kapitalistische Wirtschaft, die an Kapitalakkumulation interessiert ist, eignet sich Rohstoffe, Energiequellen und Nahrungsmittel, die für die Produktion notwendig sind, billig und oft kostenlos an und bezahlt nicht für die Arbeitskraft, die für den Betrieb des Systems benötigt wird. So wird ein kontinuierliches Wachstum durch die Ausbeutung der Lohnarbeit und den Verbrauch an der Natur garantiert. Nach Jason W. Moore, einer prominenten Figur im kritischen ökologischen Denken, ist der Kapitalismus kein sozioökonomisches System, sondern eine weltökologische naturschaffende Praxis, die durch die Aneignung der cheap nature und den „kostenlosen“ Rohstoffen erleichtert wird. Seine wichtigste Erkenntnis ist, dass der Kapitalismus die vier billigen Ressourcen (Arbeitskraft, Nahrung, Energie, Rohstoffe) inzwischen erschöpft hat. Das Ende der cheap nature bedeutet, dass sich die „unbezahlten Kosten“ in der Zerstörung des Ökosystem und Klimawandel manifestieren, die ein weiteres Wirtschaftswachstum behindern und damit eine Krise des Kapitalismus herbeiführen. Moore argumentiert daher, dass nicht die Menschheit als Ganzes für die ökologische Krise (Anthropozän) verantwortlich ist, sondern dass die Wurzel des Problems in der profitorientierten Logik des Kapitalismus (Kapitalozän) liegt.
Tiefenanpassung
Die Theorie der Tiefenanpassung (Deep Adaption) ist eine der pessimistischsten Theorien über die Zukunft der Menschheit. Das Konzept wurde von Professor Jem Bendell im Jahr 2018 eingeführt, als er die Ergebnisse verschiedener Forschungsergebnisse zum Klimawandel und zu wirtschaftlichen Trends zusammenfasste.
Bendells Ausgangspunkt war eine soziologische Aussage: In der gesamten Menschheitsgeschichte hat keine Kultur ihr eigenes Aussterben in Betracht gezogen – es scheint, dass die menschliche Psyche immer versucht hat, diesen Gedanken mit allen Mitteln zu vermeiden. Auf der Grundlage der aktuellen Forschung glaubt Bendell jedoch, dass die Menschheit in den nächsten Jahrzehnten vor einem unvermeidlichen und sich beschleunigenden ökologischen Kollaps steht. Tiefenanpassung benötigt daher die tatsächliche Akzeptanz des Zusammenbruchs der Zivilisation wie wir sie kennen und fordert den Ausbau von mentaler und emotionaler Überlebensstrategien für die Welt nach diesem Zusammenbruch.